Donnerstag, 26. August 2010

Stereobearbeitung aus Sicht eines Grammy-Preisträgers

Profis kochen auch nur mit Wasser. Ein paar Rezepte sind jedoch einfach gut. Diese und andere Weisheiten musste ich bestätigt sehen, als vor einigen Wochen Gregor Zielinsky, seines Zeichens Grammy-Preisträger (Leonard Bernstein, Candide) und International Recording Applications Manager bei Sennheiser, bei uns im Staatlichen Institut für Musikforschung Berlin zu Gast war.

Abgesehen von dem eigentlichen Job, Gitarrenaufnahmen für den Audioguide der bevorstehenden Sonderausstellung "Faszination Gitarre" des angeschlossenen Musikinstrumentenmuseums anzufertigen konnte ich in dem Drumherum viele interessante Techniken, Philosophien und Ideen aufschnappen und möchte heute ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern.

Wen es interessiert. Die Gitarrenaufnahmen, welche ab dem 23. September im Museum zu hören sind, wurden alle im Curt-Sachs-Saal des Instituts aufgenommen. Gregor bevorzugte dabei ein kleines AB bestehend aus zwei Neumann TLM67 zur Nahmikrofonierung, sowie einem weiteren Stereopaar sehr großer Basisbreite bestehend aus zwei für ihn speziell gefertigten MKH800 TWIN für den Raum, aufgebaut in gut 4 Metern Höhe und ebenfalls ca. 4 Metern Abstand zur Gitarre. Dazwischen standen zusätzlich wiederum als Stereopaar zwei weitere Sennheiser. Alles in allem also sechs Mikrofone im Wert von reichlich 10.000€ für eine Akustikgitarre. 

Aber wer jetzt lacht, der MUSS zur Ausstellung nach Berlin kommen und sich die Aufnahmen anhören. Der Aufwand hat sich wirklich gelohnt. Nicht zuletzt weil Gregor sich einen kompletten Tag zur Einrichtung der Mikrofone, den Abständen und der Ausrichtung Zeit gelassen hat, ist das Ergebnis sehr ausgewogen im Klangbild. Fast schon plastisch aber dennoch räumlich und kurioserweise sehr greifbar. Toll. 

Erinnert irgendwie an Produktionstechniken der lebenden Legende Bruce Swedien, der Klangnuancen in Farben ausdrückt, wobei dann laut Hörensagen Sätze zustande kommen wie: Hmm, maybe a little more green in the guitar fret sound and a lot more yellow to the drums, oder so ähnlich. Es sei angemerkt wir reden immer noch von Musikproduktion, nicht von Bob Ross.

Ich schweife ab.

Worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist euch einen kleinen exklusiven Tipp vom Meister persönlich auf den Weg zu geben. Unspektakulär aber irgendwie faszinierend und dennoch an sich logisch. Es geht um's Thema Stereobearbeitung.

Angenommen man importiert oder recordet eine Stereo-Interleaved Datei, sprich Links und Rechts zusammen auf einer Spur. Nichts unübliches für Hauptmikrofone oder Keys zum Beispiel. 

Man beachte, dass wenn man nun das Stereogleichgewicht über den dann meistens vorhandenen Balance-Regler manipuliert um z.B. XY-Verschiebungen auszugleichen auch die Stereobreite bearbeitet wird. Eigentlich will man ja ggf. nur den einen Kanal lauter oder leiser machen um die Perspektive zu verschieben, doch das passiert nicht.

Im Gegenteil, es kommt sogar noch schlimmer. Benutzt man diese Interleaved-Balance-Geschichten, dann mischt man den jeweiligen Kanal noch auf den anderen dazu. Phasenprobleme und matschiger Sound sind somit vorprogrammiert. Zusätzlich zur geringeren Stereobreite.

Wie man das umgehen kann? Einfach aus der Interleaved-Datei eine Split-Datei machen (jeder anständige Sequencer oder Editor sollte das können) und die dadurch getrennten Kanäle auf zwei unterschiedliche Spuren packen. Eine mit Pan L und die andere mit Pan R.

Was jetzt passiert ist folgendes. Möchte man z.B. eine XY-Perspektivverzerrung ausgleichen oder das Stereobild verlagern, macht man den gewünschten Kanal einfach am Fader leiser. Die Stereobreite bleibt. Keine Phasenprobleme oder Auslöschungen. Alles schön. 

So simpel aber extrem hilfreich.

Ich hoffe das zeigt euch und mir einmal mehr, dass man durch so einfache Dinge seinen Sound gravierend beeinflussen kann. Positiv und negativ. In dem Sinne.

Es ist nicht die Technik die uns in unserem Schaffen begrenzt, sondern das Wissen darum und die Kreativität dieses zu nutzen.

Bis später. Vielleicht erzähl ich euch ja noch ein paar Tipps von Herrn Zielinsky, wenn ihr wollt.

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